Ein Hoch auf PRIDE MONTH!
“No matter gay, straight, or bi, Lesbian, transgendered life, I’m on the right track baby, I was born to survive.”
(Lady Gaga, “Born This Way”)
Immer, wenn ich diese Zeilen aus Lady Gagas Hymne für die queere Community höre, schießen mir direkt Bilder vom Christopher Street Day, bunten Farben und einer Masse an Menschen, die wie verrückt feiern, vermutlich angetrunken rumknutschen und gleichzeitig mit voller Kraft für ihre Rechte einstehen, in den Kopf. Die Festivalzeit von Juni bis August – einfach die beste des Jahres.
Ich kann mich noch genau an meinen ersten CSD erinnern – August 2012 in Hamburg, kurz nach meinem Abitur. Ich war dort mit meinem jetzigen Freund unterwegs, der zu dem Zeitpunkt noch gar nicht offiziell mein Freund war. Aber na ja… das Flirt Game war auf jeden Fall schon in vollem Gange. 🙂
Für mich war das Event richtig crazy, weil es bei mir an der Schule nicht unbedingt das Leichteste war, offen zu seiner Sexualität zu stehen, ich bis dato noch nie eine Gay Bar betreten und auch sonst keine wirkliche Berührung mit der Szene hatte. Außerdem lag mein inneres Coming Out – also das, wo es um die eigene Akzeptanz geht, erst gerade so halb hinter mir. Und dann auf einer Parade mitzulaufen, wo genau die Offenheit, die ich aus der Schule nicht kannte, Liebe und die Vielfalt der Sexualität gefeiert wurden, das war schon ein abgefahrenes Gefühl.
Ich sehe noch heute diesen Typen vor mir, der einen anderen huckepack trug, und einen dritten, der hinter ihm lief und mitten auf der Straße seinen Hintern massierte. „Okaaay, das habe ich nicht erwartet“, schoss es mir wohl durch den Kopf, „aber… cool! Mir gefällt es hier.“
Später bekam ich dann an einem Getränkestand einen Drink mitsamt einer Portion Mutzen umsonst, weil der Barkeeper mir steckte, dass er mich süß fand. „Jap, ich mag es hier! ☺“
Das klingt jetzt vielleicht nach einer Lappalie und das Hinternmassieren nach einer „Anstößigkeit“, aber dem muss ich klar widersprechen:
Dass mir ein anderer Mann ein Getränk ausgibt und ein flirty Kompliment macht, war das Real-Life-Erlebnis raus aus der Heteronormativität. Ich kannte das aus meinem Umfeld bisher nur so, dass man als Typ für Girls bezahlt oder die was umsonst bekommen. Und obwohl ich als Jugendlicher schon mal mit jemandem befreundet war, der offen schwul gelebt hat, und ich es bei anderen immer eher als normal angesehen habe, war das eine Erfahrung, die MICH betraf. Man sollte meiner Meinung nach nicht unterschätzen, was Community einem für einen Halt geben kann und was es bedeutet, solche Dinge zu erleben.
Auch wenn sich die Umstände in einigen Teilen der Welt geändert haben und die Gesellschaft hierzulande ein Stück weit progressiver denkt, war der Ruf der Homosexualität in der Vergangenheit ein schwieriger. Verboten, schmutzig, mit Scham behaftet. Denken wir nur an die Aids-Krise in den 80ern, die als Strafe Gottes und als „Lustseuche“ betitelt wurde.
Noch heute wird Homosexualität in 69 Staaten strafrechtlich verfolgt. In 11 Ländern droht die Todesstrafe. (Quelle „LGBT Rechte weltweit“)
Können wir mal kurz darüber reden, was das bedeutet?
Menschen werden für eine Sache verfolgt oder getötet, für die sie nichts können. Auf die sie keinen Einfluss haben! Die zu ihren Grundbedürfnissen zählt und zeitgleich niemandem schadet. Wie abgefuckt ist das bitte?!
Es geht doch um LIEBE. Stell dir vor, du dürftest nicht mit deiner Partnerin oder deinem Partner, der Liebe deines Lebens, zusammen sein, weil die Regierung in deinem Land findet, das sei widerrechtlich und gehört verboten. Das ist so unfair. Vor allem, wenn es aus religiösen oder anderen nicht auf Fakten basierenden Gründen passiert.
Und genau deshalb ist die Po-Massage auf der Straße, das Rumknutschen und das wilde Feiern eine Freiheit, die wir um jeden Preis beschützen müssen. Jede:r hat das Recht, offen zur eigenen Liebe, Identität und Sexualität zu stehen und diese zu zeigen.
(Natürlich gibt es Grenzen, was die öffentliche Darstellung von Rummachen angeht. Aber die gelten eben für alle gleich.)
Wir erleben gerade eine turbulente Zeit, in der auch in der westlichen Welt ein Ruck in Richtung Konservatismus zu beobachten ist. Auf der einen Seite – so wirkt es für mich – wird mehr über Diversität und Gleichberechtigung gesprochen als je zuvor. Auf der anderen stoßen viele Menschen an die Grenzen ihrer bestehenden Weltanschauung, werden herausgefordert, diese zu überdenken und sind leider nicht immer bereit, diese Anstrengung zu erbringen. Das ist ein gefährliches Problem, besonders wenn wir über rückschrittliche Machtverhältnisse sprechen, die wie zum Beispiel in Russland oder Ungarn zum „Gay Propaganda“ Gesetz geführt haben, das Minderjährige vor queeren Inhalten schützen soll. (Quelle) Ein heftiger Rückschlag, der die Vielfalt der Sexualität erneut stigmatisiert und Ausgrenzung bestärkt.
Deswegen: DANKE an alle mutigen Mitglieder der Community, die immer wieder unnachgiebig für Sichtbarkeit, Akzeptanz und Gleichberechtigung einstehen. Und besonders an die ehemaligen, die den Weg geebnet haben.
In diesem Sinne: Lasst es ordentlich krachen auf dem CSD 🏳️🌈 !
War dieser Artikel hilfreich?

Kostas Kind
Hey hey :) Ich heiße Kostas, bin 29, hauptberuflich YouTuber und lebe zusammen mit meinem Freund und meiner weißen Schäferhündin Ivy, die ich über alles liebe, in Potsdam. Auf meinem Kanal „Kostas Kind“, der zu den größten deutschen LGBTQ+ Kanälen zählt, nehme ich meine Zuschauer:innen mit auf eine Reise durch den schwulen Alltag, setze mich mit herausfordernden Themen wie Mental Health oder Veganismus auseinander und versuche, solche Themen auf unterhaltsame Art zu präsentieren, um sie leichter zugänglich zu machen und sie von Vorurteilen oder Scham zu befreien.